Da ist jemand müde

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Grollt Ergeben

"Bevor ich mit meinem Vortrag starte, möchte ich alle bitten, aufzustehen und mit mir das Willkommens-Lied zu singen. Singt und macht mir einfach nach!“ 

Ich stehe gerade in der zweiten Reihe einer Elternbloggerkonferenz. Neben mir, vor mir und hinter mir wird in bester Tele-Gym-Manier nach links und rechst gewunken und„Willkommen“ in mehreren Sprachen intoniert.  Ich singe nicht, winke nicht und fühle mich in diesem Moment noch ein Stückchen mehr am falschen Ort.   

Vor zwei Wochen war ich auf einer Elternbloggerkonferenz. Der denkst. Das Motto der Konferenz war „Nachhaltig Vernetzt“. Die Eindrücke sind schon am Erblassen. Höchste Zeit also ein kleines Fazit zu schreiben, bevor ich alles vergesse. Wobei ich gar nicht von den Inhalten und Vorträgen erzählen möchte. Lieber möchte ich eine Erkenntnis teilen, zu der ich durch den Besuch gelangt bin:  Ich will mich nicht mit Elternbloggern vernetzen! Schon gar nicht nachhaltig!

Elternblogger sind eine Gemeinschaft für sich. Ich durfte dies jetzt einen Tag lang beobachten. Mehr oder weniger aus der Distanz, da meine sozialen Fähigkeiten auf solchen Anlässen stark autistische Züge zeigen und ich lieber Zeitung lese, als irgendjemanden anzusprechen.

Elternblogger - das habe ich erfahren - nennen sich abwechselnd Community, Branche oder auch mal völlig uneitel und gewiss nicht überzogen „eine Macht.“ In Vorträgen wird sich gegenseitig aufgefordert, Schätze zu heben und nach den Sternen zu greifen - was auch immer das bedeutet. Und es wird geschimpft: auf die doofen Unternehmen, die Kooperationen für lau wollen und nicht mal den Namen des Blogs korrekt schreiben. Pah!  Und ständig liegt wahnsinnig viel Liebe und Inspiration in der Luft. Oder Pups. Je nachdem wie weit man von der Kinderbetreungsecke entfernt sitzt.
 
Auf der Konferenz - ich hatte Zeit - habe ich paar Blogs der teilnehmenden Blogger angeschaut und quergelesen. Und das allerallermeiste darin interessiert mich einfach nicht. Und ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, aber ich glaube, ein erfolgreiches Vernetzen setzt ehrliches Interesse am anderen voraus. Aber da wo Interesse sein sollte, ist bei mir nur gähnende Leere. Ungefähr die gleiche Leere, wie in meinem Newsletter-Verteiler. Wobei nicht ganz so gähnend.

Ein weitere Unterschied zu den ambitionierten Elternbloggern: Ich will mein Schreiben nicht nach Keyword-Recherche und gar Interessens-Recherche meiner Leser ausrichten. Zunächst richte ich mich nach dem, was mir - während ich angestrengt auf ein leeres Blatt und ein volles Weinglas starre -  in den Sinn kommt. Später,  wenn ich noch angestrengter auf ein volles Blatt und ein leeres Weinglas starre, ist es mir dann auch ersteinmal egal, ob der Artikel gelesen wird. Es hat ja auch keiner mitgetrunken.

Das mag sich vielleicht alles ändern. Aber für jetzt ist das so.
Ich pfeife auf Elternblogger-Vernetzung.

Der Titel ist ein Anagramm aus dem Wort Elternblogger. Alternativen wären beispielsweise noch gewesen: "bellt gern ergo", "leb lernte grog" oder "greller bot gen".  Ich entschied mich für "grollt ergeben". Aus sprachlichen Gründen.