Ich bin kein Psychologe, aber
Ich bin kein Psychologe, aber diese Tatsache sollte mich nicht davon abhalten, eines der bekanntesten Experimente der Psychologie mit meinen Kindern nachzustellen: Der Marshmallow-Test.
Das Experiment aus den 60ern ging so: Einem Kindergarten-Kind wurde ein Marshmallow vorgesetzt. Dann wurde dem Kind gesagt, es könne diesen sofort essen, oder aber es wartet 15 Minuten. Denn dann gibt es zur Belohnung noch einen zweiten Marshmallow on top. Der Erwachsene verlässt für den Test den Raum und das Kind ist sich, dem Marshmallow, seiner Selbstkontrolle und Willenskraft allein ausgesetzt. Die Forscher hatten in ihrem Experiment festgestellt, dass Kinder, die auf den zweiten Marshmallow gewartet hatten, später in der Schule und im Leben erfolgreicher waren.
Ich bin kein Psychologe, aber mit einem kleinen Test herauszufinden, ob meine beiden Söhne später erfolgreich sein werden, hatte Charme und war demnach ein ideales Wochenendprogramm. Daher stellte ich ebendieses Experiment im Rahmen meiner Möglichkeiten nach. Meine Möglichkeiten sahen wie folgt aus:
- Anstatt Marshmallows nahm ich Fritt-Kaubonbons.
- Anstatt die Kinder einzeln zu testen, habe ich sie beide auf die Wohnzimmer-Couch gesetzt
- Und aus den ursprünglichen 15 Minuten machte ich 10 Minuten. Es waren 10 Minuten, die ich als 5 Minuten kommunizierte. Was aber völlig egal ist, weil für beide sich meist 2 Minuten wie 8 Stunden anfühlen. Oder umgekehrt.
Bevor ich zum Ergebnis komme, möchte ich erstmal meine 3 Learnings mitteilen:
- Für eine methodisch saubere Durchführung ist es ratsam, Deutschlandfahnen oder Ähnliches den Probanden vor dem Test wegzunehmen. Die Wartezeit lässt sich leichter überbrücken und der Drang nach sofortiger Süßigkeiten-Belohnung geht verloren, wenn man Gegenstände in der Hand hat, die man sich gegenseitig auf den Kopf hauen kann. Ich bin kein Psychologe, aber es könnte sein, dass dies das Ergebnis verfälscht.
- Unbedingt die Kinder alleine befragen. Für Gründe siehe Punkt 1, aber auch den Effekt der Gruppendynamik. Wenn Anton sagt er wartet, dann wartet Xaver auch. Und beide konnten sich bei der Wartezeit unterstützen. Unterstützung in Form von Fahnen auf den Kopf hauen.
- Als Süßigkeit wird empfohlen, etwas zu nehmen, was nicht „kaputt“ gehen kann. Einem knapp 3-jährigen zufolge, ist das bei einem noch eingepackten Fritt-Kaubonbon nicht der Fall. Hier besteht die Gefahr, dass die Verpackung durch die Hand des Bruders, leicht verknittern kann. Verkrumpelte - auch nur leicht verkrumpelte - Fritt-Verpackung ist gleichbedeutend mit kaputt und löst Mini-Krisen aus. Für das Experiment würde ich daher Marshmallows empfehlen.
Das Ergebnis
Sowohl Xaver als auch Anton rissen ihr Fritt nicht sofort auf. Sondern sie warteten - teilweise mit dem Fritt auf der Nase balancierend - auf das zweite Fritt. Mittendrin gab es, wie berichtet, auch Tränen und leichte Auseinandersetzungen zwischen den beiden. Aber das Ziel des zweiten Fritts verloren sie nie aus den Augen.
Ich bin kein Psychologe, aber auch ich sehe selbstverständlich im Ergebnis unseres Fritt-Tests einen eindeutigen Beweis, dass es die beiden weit im Leben bringen werden. Ungern möchte ich da jetzt was anderes hineininterpretieren. Test ist Test. Quod erat fucking demonstrandum.
Da will ich jetzt auch nicht von anderen Psychologen lesen, die jüngst die Ergebnisse des ursprünglichen Marshmallow-Tests in Frage stellten. Sie kamen zum Schluss, dass nicht die Selbstkontrolle ausschlaggebend für den späteren Erfolg ist, sondern sozialer und ökonomischer Background der Kinder.
Und ich möchte jetzt auch keine Stimmen hören, die meinen, dass Xaver und Anton in einer Welt des Süßigkeiten-Überflusses aufwachsen und dass sie wohlgenährt und mit positiver Süßigkeiten-Erfahrung eben leichter für 10 Minuten ein Süßigkeit anschauen können, ohne diese zu essen.
So, ich bin wirklich kein Psychologe und belasse es auch hierbei. Ich werde Nachforschungen anstellen, welche verhaltenspsychologischen Experimente ich noch mit meinen Jungs durchführen kann. Dann aber ohne Deutschlandfahnen.