Da ist jemand müde

View Original

Lehnen Sie sich zurück

Der Lidl-Newsletter ist mal wieder da. Heute mit Betreff-Imperativ: Lehnen Sie sich zurück. Ich lehne mich also zurück und erzähle die Geschichte von mir und dem Lidl-Newsletter.
Beziehungsweise lehne ich mich - nachdem ich mich zurückgelehnt habe - gleich wieder nach vorn. Ich bin es eher gewohnt, in einer krummbuckeligen, verspannten Haltung zu schreiben. So haut es sich am schönsten in die Tasten. Am allerliebsten und allerhäufigsten in die Backspace-Taste. Auch Rücktaste oder Rücklöschtaste genannt. Womit wir auch schon beim Thema wären: dem Löschen.

Doch bevor ich zum Löschen komme, kurz der Bogen zu meinem Vatersein: Es gibt Momente in meinem Leben, da finde ich mich in einer Schleife wieder. Und ich meine jetzt nicht solch eine Schleife. Sondern eine Argumentations-Schleife. Vielleicht ist es auch eine Schlaufe. Also eine Art Schlaufenschleife. Diese gibt es nicht, ist aber sprachlich äußerst schön. Jedenfalls finde ich mich in einer sprachlich schönen Schlaufenschleife wieder. In dieser wechseln sich rhetorisch feine Begründungen, warum etwas nicht gemacht, gegessen oder angeschaut werden kann, ab mit einer ebenso gestochen-scharfen Replik: „Ich will aber.“  Wie bei Schlaufenschleifen so üblich, kommt man da nicht mehr so leicht raus. Weil hier zwei Welten aufeinandertreffen. Der eine will nicht, der andere will - oder andersrum. Und diese zwei Welten treffen auch gerade bei mir und dem Lidl-Newsletter aufeinander. Ich sag zum Lidl-Newsletter so: „Ich will mich abmelden“ und der Lidl-Newsletter in bester Vierjährigen-Manier dann aber so: „Ich will aber nicht.“

Diesen Konflikt tragen der Lidl-Newsletter und ich jetzt schon mehrere Monate aus und es ist immer das Gleiche: Ich klicke auf Abmelden. Ich nenne Gründe für die Abmeldung und ich klicke dann auf „Newsletter komplett abmelden“. Ein paar Tage später kommt Lidl wieder mit Highlights, Angeboten, Einrichtigungs-  oder Stromspar-Tipps derbst serviceorientiert um die Newsletter-Ecke. Als ob nichts gewesen wäre.

Wenn ich den Lidl-Newsletter nach einer erfolglosen Abmeldung wieder so ungelesen in meinem Posteingang sehe, lache ich erstmal mit einem „Ha!“ auf. Und gleich nach diesem „Ha!“ packt mich dann die Lust, in den nächsten Lidl zu gehen. Ich stelle mir vor, wie ich mich neben einen Lidl-Mitarbeiter stelle, der gerade ein Kühlregal befüllt. Ich frage den Mitarbeiter, ob er das ganze Kühlregal befüllen möchte oder nur einen Teil davon. Sagt er, er will komplett alles befüllen, frage ich Ihn selbstverständlich auch noch nach seinen Gründen für das komplette Einräumen. Er nennt sie mir, aber ich höre schon gar nicht mehr zu. Der Lidl-Mitarbeiter befüllt dann das Regal zu Ende. Kaum ist der Lidl-Mitarbeiter fertig und Richtung Pausenraum unterwegs, nehme ich eine leere Palette und räume alles Eingeräumte wieder aus. Dann gehe ich. Als ob nichts gewesen wäre.

Aber dies werde ich natürlich nie machen. Auch habe ich aufgegeben, mich über den Abmeldeprozess aus diesem E-Mail-Verteiler löschen zu lassen. Ich habe jetzt eine andere Lösung gefunden, mich von dem Newsletter, den ich vor vielen Monaten aus Recherchegründen mit meiner Arbeits-Email-Adresse abonniert habe, abzumelden: Ich habe gekündigt. Neuer Job, neue E-Mail, kein Lidl-Newsletter. Da hast du's, Lidl-Newsletter! Am Ende bin ich der Gewinner ... und lehne mich zurück.